Die Corona-Regeln haben sich weltweit gelockert, die Pandemie scheint vorbei zu sein. Nun konnten die Schweizer endlich wieder abheben. Aber die Kabinenpersonal-Stimmung ist am Boden. Seit Monaten klagen Flugbegleiter über die Arbeitsbelastung nach den Massenentlassungen im vergangenen Jahr. Nun haben auch die Passagiere das Ausmaß zu spüren bekommen. Am 23. und 30. April konnte Swiss ihre Linienflüge zwischen Sao Paulo (Brasilien) und Buenos Aires (Argentinien) nicht durchführen. Das Kabinenpersonal hatte sich kollektiv krank gemeldet. Der Grund: Müdigkeit. Mehrere hundert Reisende waren betroffen. Swiss musste sie auf anderen Flügen neu buchen.

Die Union steht hinter den Besatzungen

“Das ist wahrscheinlich die einzige Möglichkeit, gehört zu werden”, schrieb ein Schweizer Mitarbeiter in einer internen Facebook-Gruppe. Andere feiern die betroffenen Crews, weil sie die Arbeit verweigerten. Die Aktion wird offenbar als stiller Protest gewertet. Doch nun könnte das böse Erwachen folgen, denn die Swiss will den Prozess nicht einfach so hinnehmen. „Es wird analysiert, was konkret zu den Annullierungen geführt hat“, teilte die Airline auf Anfrage mit. Nun finden Gespräche mit den interessierten Flugbegleitern statt. Erst Ende März hatte die Exekutive der Lufthansa-Tochter in einem internen Rundschreiben gegen „Krankheitsverdachtsmeldungen“ protestiert. Müssen müde Crews nun mit den Konsequenzen rechnen? „Strafrechtliche Maßnahmen wären inakzeptabel“, sagte Sandrine Nikolic-Fuss, 53, von der Kapers. Es entspricht nicht der Sicherheitskultur in der Luftfahrtindustrie. “Sicherheit hat oberste Priorität.”

Möglichkeit der fristlosen Kündigung

Die Gewerkschaft hat Stellung bezogen. Aber was ist mit dem Arbeitsrecht? „Wenn während der Absenzen keine echte Arbeitsunfähigkeit vorläge – idealerweise belegt durch ein ärztliches Attest – müssten wir von Arbeitsverweigerung sprechen. In diesem Fall wäre die fristlose Kündigung ohne Abmahnung möglich», sagt der Experte für Arbeitsrecht Daniel Streuli (38). Aber auch mit ärztlichem Attest ist das Kabinenpersonal außer Kontrolle geraten. «Bei berechtigten Zweifeln an dieser Bescheinigung kann der Schweizer vom Personal einen Arztbesuch verlangen», sagt Streuli. Der Bruch des Arbeitsvertrags sei aber nach wie vor schwer nachzuweisen – selbst wenn die Mitarbeiter wissen ließen, dass es sich bei der Abwesenheit um einen Protest handele, sagt Strevlis. „Wenn man gleichzeitig beweisen kann, dass man wegen der Arbeitsbedingungen richtig müde ist, hat die Swiss schlechte Karten.“ Wenn ein Gericht über die Arbeitsverweigerung entscheidet, könnte dies die Arbeitnehmer teuer zu stehen kommen. „Allerdings ist der notwendige Schadensnachweis oft nur sehr schwer zu erbringen und die Haftung kann reduziert werden“, sagte Strouley.