Die CSU hat auf ihrem kleinen Parteitag in Würzburg einen neuen Kurs in der Außen- und Sicherheitspolitik versprochen. Dazu gehören Forderungen wie eine „Finanz-NATO“ und ein „Cyber-Schub“. Besonders bemerkenswert war zudem die Rede von Parteichef Markus Söder: Er spaltete sich gegen die Kanzlerin, die Laterne und die Linkspartei auf. All dies verlief nicht ohne Kommentare.
Weitere aktuelle News finden Sie hier Es sollte so etwas wie ein Neuanfang werden: Die CSU traf sich am Samstag (30.) zu einem kleinen Parteitag in Würzburg. Mehr als 200 Delegierte nahmen an dem wahlfreien Arbeitstreffen teil, das im Vorfeld des Krieges in der Ukraine unter einem außenpolitischen Stern stand. Auch die Energiepolitik und steigende Preise spielten eine Rolle. Die CSU versucht sich mit einem Verfahren für ein neues Kernprogramm neu zu formieren: Bei der Landtagswahl 2018 war die CSU auf 37 Prozent abgerutscht, auch in den aktuellen Umfragen liegt sie leicht darüber. Ein desaströses Ergebnis für die CSU, die einst auf die große Mehrheit zählen konnte.
CSU-Parteitag: Cyber-Booster in der Nato-Ökonomie
Zumindest der erste Schritt zur Profilierung war erfolgreich: Die Delegierten stimmten dem Hauptvorschlag zur Außen- und Sicherheitspolitik einstimmig zu. Darin fordert die CDU-Schwesterpartei zum Beispiel eine “ökonomische Nato”, einen europäischen Raketenabwehrschirm, Atomausbau und einen nationalen Sicherheitsrat. Auch ein „Cyber-Booster“ steht auf der Wunschliste der Christsozialen, der es Deutschland ermöglichen soll, sich nicht nur gegen Cyber-Angriffe zu wehren, sondern auch Cyber-Attacken zu starten. Gleichzeitig fordert die CSU eine bessere Ausstattung der Bundeswehr, einen Fake-News-Beauftragten des Bundes und einen Verteidigungspfeiler für die EU mit einheitlichen Governance-Strukturen.
Landtagswahlen werfen Schatten voraus
Um den Hauptvorschlag inhaltlich vorzustellen, erteilte CSU-Chef Markus Söder seinen Parteikollegen das Wort: CSU-Landesgruppenvorsitzender Alexander Dobrindt, CSU-Landtagsabgeordneter Manfred Weber, europapolitischer Sprecher Florian Hahn und Staatsminister. Melanie Huml erklärte den Umzug in Würzburg. Dass hier die Konferenz der kleinen Parteien stattfand, war kein Zufall: Bei der letzten Landtagswahl verlor die CSU ihr Direktmandat an den Grünen-Politiker Patrick Friedl. Schon jetzt wirft die bayerische Landtagswahl im Herbst 2023 ihre Schatten voraus. Anstatt sich der Außenpolitik zu widmen, nutzte Parteichef Markus Söder seine Rede als Rundumschlag. Er schoss nicht nur auf Bundeskanzler Olaf Soltz (SPD) und seine Regierung an der Ampel, sondern auch auf Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) und die Linkspartei.
Söder: Starke Kritik in alle Richtungen
Die Laternenkoalition ist keine “saubere Lichtfolge”-Laterne, sondern ein “Lichtinstrument”. Sie sind sich weitgehend einig, dass Entscheidungen über Waffenlieferungen zu lange gedauert hätten. Bundeskanzler Scholz blieb bei der Bundestagsdebatte “möglichst weit weg” – eigens für einen Staatsbesuch in Japan. „Olaf Scholz weicht Entscheidungen aus. Das ist eines deutschen Bundeskanzlers unwürdig“, sagte Söder. Auch die Grünen und die FDP kamen ins Schwitzen: Während die Grünen „gestern noch Ostern empfingen“, riefen sie heute zu „Militärparaden“ auf. Hofreiter agiere als “Lobbyist eines Rüstungskonzerns” und die Grünen machten meist “das genaue Gegenteil” von dem, was sie einst behaupteten.
Söder: „Schande über unser Land“
Auch die FDP warf Söder vor, ihre bisherigen Positionen zu verraten: Als Oppositionskraft habe sie noch um stabile Staatsfinanzen gekämpft, jetzt mache die Bundesregierung “Schulden, Schulden, Schulden”. Auch SPD-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht war wochenlang unsichtbar und “völlig geschockt”. Besonders scharfe Worte fand Söder für Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Er sei “ein eigensinniger, alter, seltsamer Mann”. Sein eigenes Bankkonto ist ihm wichtiger als Deutschlands Ansehen in der Welt. “Es ist eine Schande, eine Schande für unser Land.” Söders Forderung: Schröder muss die SPD verlassen und seine Privilegien als Altkanzler aufgeben.
Wind von der Linkspartei
Für seinen Angriff auf die Linkspartei spürte Söder nach dem Parteitag Gegenwind. In seiner mehr als einstündigen Rede hatte er gesagt, er erinnere sich nicht daran, dass die Linke auch nur konstruktiv zu Deutschland beigetragen habe, seine Auflösung wäre gut. „Wenn sie verschwinden, werden wir ihnen drei Kreuze aufsetzen“, sagte Söder. Die Vorsitzende der Thüringer Linken, Ulrike Grosse-Röthig, bezeichnete Söders Äußerung als „problematisch bei den Demokraten“ und forderte, „er solle sie zurücknehmen“. Es ist gut, dass das demokratische Spektrum breit ist. „Ich für meinen Teil finde es sehr gut, dass es eine CSU gibt“, sagte der Linken-Politiker in Erfurt. Dass eine Partei die Auflösung der anderen vorschlage, sei „äußerst schwierig“, Söder werde sein Demokratieverständnis überdenken müssen.
CSU ist der „Schnitzelboden“
Söders harsche Worte verwundern nicht, sitzt doch die Union derzeit in Berlin auf der Oppositionsbank. Zudem gab es während der Corona-Pandemie viele Parteiabgänge. Als kleinere Schwesterpartei ist es für die CSU noch schwieriger geworden, sich Gehör zu verschaffen. Doch Söder hat es bei seinem Publikum in Würzburg geschafft: Er sprach von der „bayerischen Lebensart“, dass Laptop und Lederhose zusammengehören und die Biersteuererhöhung „Quatsch“ sei. „Die CSU ist nicht die Avocado-Etage, sondern die Schnitzel-Etage“, sagte Söder. Am Ende applaudierten sie auch seiner Forderung nach niedrigeren Steuern auf Energie und Lebensmittel und einer Erhöhung der Passagierzulage. „Es gibt viel zu tun“, sagte Söder zu Würzburg. Aktualisiert am 10.04.2022 14:11 CSU-Chef Markus Söder hat den Kanzleramtstraum begraben. 2021 war seine letzte Chance auf eine Kanzlerkandidatur.